Montag, 1. Juni 2015

Spritzt Du noch oder kotzt Du schon?!....

.... ist eine sehr provokante Überschrift, dessen bin ich mir bewusst. Ich habe diese  absichtlich gewählt.


In diversen Facebook Groups kommt in den letzten Tagen und Wochen immer wieder das Thema "Kohlenhydrate", "Low Carb", auf. Ihr mögt nun sicher denken "Noch ein Blogbeitrag zu diesem Thema?". Ja, jein, nicht ganz aber doch auch irgendwie schon :-)

Es geht mir gar nicht so sehr um das Thema der Kohlenhydrate und Low Carb sondern vielmehr darum dem ein oder anderen - besser noch den meisten  - ins Bewusstsein zu rufen das wir nicht nur Diabetes haben sondern auch eine Essstörung. Es spielt hierbei keine Rolle welcher Typ Diabetes wir haben, wir haben sie alle, diese Essstörung! 




Kein gesunder Mensch rechnet sich aus wie viel Kohlenhydrate diese eine Mahlzeit hat! Ich sehe das als eine Art Essstörung. Wir müssen - auch wenn wir frei in der Wahl und des Umfangs unserer Nahrung sind - aufpassen wie viel Kohlenhydrate diese enthält. Manche müssen sich sogar die Fett- und Protein-Einheiten ausrechnen. 

Gerade als junger und/oder frischer Diabetiker kann dies zu einer ausgewachsenen Essstörung führen. Man mag nicht essen weil man nicht spritzen mag; oder umgekehrt. 

Es kommt leider vor das sich aus dieser Essstörung eine weitere Störung ergibt. Das Selbstbild ist gestört. Das Risiko an Bulimie oder Magersucht zu erkranken ist bei jungen Diabetikerinnen weitaus höher als bei gesunden Mädchen und Frauen wie ich bei meiner Recherche im Internet feststellen konnte. Dies hat mich ehrlich gesagt überrascht! So nahm ich bisher an wären es eher die gesunden Mädchen und Frauen welche durch die Gesellschaft und die Medien eher dazu neigen ihren Körper so zu geiseln. Nun verwundert es mich irgendwie doch nicht mehr so sehr das gerade die Themen über Kohlenhydrate und Low Carb derzeit so ins Rampenlicht rücken. 

Wird einem doch meist in den Schulungen eingetrichtert nur gewisse Mengen essen zu dürfen. Natürlich gibt es auch jene unter uns die darum kämpfen auch nur geringe Mengen zuzunehmen, ich schätze die Mehrheit kämpft eher dagegen an. 

Wie ist es bei mir?

Ich war noch nie sehr schlank, hatte immer ein "Bäuchlein", im Schnitt wog ich so 55-57 kg bei einer Größe von 1,54m. Als ich dann die chronische Schilddrüsenunterfunktion bekam (Hashimoto Thyreoditis) ging das Gewicht erst steil hinauf. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern wie viel ich wog, ich hatte es auch nicht so wahrgenommen. Als "Mr. Hashimoto" richtig ausbrach konnte ich nichts mehr essen. Mein Energielieferant war Cola; in Massen. Der Schub war so heftig, ich nahm knapp 15 kg in 6-8 Wochen ab. Aus heutiger Sicht bin ich froh die Fettreserven gehabt zu haben. 

In den Jahren danach stieg das Gewicht wieder langsam. Ernährungsberatung sowie Umstellung, Sport und Medikamente halfen nicht die Kilos los zu werden. Ich lernte sie zu akzeptieren wenn gleich ich mich nicht immer wohl fühlte.

Das Jahr vor meiner Diabetes Diagnose nahm ich 17 Kilo ab; ich konnte fast nichts mehr essen.

Es störte mich nicht nicht essen zu können, passte ich doch zwischenzeitlich wieder in eine Größe 38! Ich fühlte mich wohl, ich fühle mich wohl!

Ich habe lernen müssen zu essen! Ich lerne noch immer! Ich verzichte nicht auf Süßigkeiten, Fastfood, Junkfood. Ich bin ein Kohlenhydratjunkie! Ich esse nicht täglich Unmengen von Süßigkeiten etc., es kommt jedoch auch mal vor. Wieso sollte ich es mir komplett verbieten? Was spricht dagegen alle zwei oder drei Monate mal die Sau raus zu lassen und nen Döner zu essen? 

Ich hatte nachdem ich wieder einigermaßen essen konnte eine Kuchenphase. Ich habe über einige Wochen täglich 1-2 Stück Kuchen gegessen! Ich habe das gebraucht. Ich habe es genossen. Es war so gut, es war so lecker. Es war so befriedigend! Es half mir besser essen zu können. Oh je, meinem Arzt hab ich diese Phase natürlich verschwiegen. Ich glaube er hätte mir die Gurgel umgedreht. 

Ich kann - glücklicherweise - mein Gewicht gut halten ohne auf etwas verzichten zu müssen. Auch wenn ich je zunehmen sollte würde ich nie auf den Gedanken kommen mich für jemand anderen verbiegen zu müssen, mich nicht selbst zu akzeptieren. Ich bin nicht perfekt, keiner ist perfekt. Ich käme nie auf die Idee mir kein Insulin mehr zu spritzen, keine Kohlenhydrate mehr zu essen. 

Wer mich dick findet hat mit sich selbst ein Problem! Ich bin ich und daran kann niemand etwas ändern. Es wird niemand was daran ändern!

Mein Selbstvertrauen, mein Selbstbewusstsein ist zu groß als das ich mir von irgend einem Menschen vorschreiben lasse wie ich auszusehen habe oder sein müsste.


Aktuell wiege ich 64 kg, trage weiterhin die 38. Auch wenn ich an manchen Tagen mich nicht 100%ig wohl fühle bin ich froh um die Reserven. Auch ich habe ein Problem damit essen zu können. Wenn ich traurig oder gestreßt bin kann ich nicht essen (hier fällt mir ein ich habe bisher heute nur 5 KE gegessen) und nehme schnell 1-2 kg ab. 


 Zum Schluss möchte ich noch sagen eine Schulung in der man lernt BE/KE zu errechnen ist zwar schön und gut, so fehlt jedoch oftmals eine Schulung bzw. eine psychologische Betreuung im Umgang mit der Nahrungsaufnahme. Oftmals finde ich es erschreckend zu lesen was sich manche Diabetiker antun. Mir ist klar das sie in einer Spirale hängen, es ist ein Teufelskreis und genau da besteht die Notwendigkeit psychologischer Betreuung. 

Diabetes bedeutet nunmal nicht einfach nur sein Essen zu berechnen und hierfür die richtige Menge Insulin abzugeben. Diabetes bedeutet lernen zu essen, lernen mit der Nahrung umzugehen, lernen seinen Körper zu verstehen, zu akzeptieren und mit ihm umzugehen. 


Aber vor allem bedeutet Diabetes 

SICH SELBST ZU AKZEPTIEREN!


Liebe Grüße

Sabrina





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